Also das hier ist vegan und feministisch. Weil sonst alles scheiße ist.

Montag, 10. Dezember 2012

A fun thing to do: Suchbegriffe sammeln

Die meisten Suchanfragen, die auf diesen Blog führen, sind ziemlich neutral. "Dani Sojasahne", "Consume. Be silent. Die.", "vegane Sahne", "Grillen vegan" und solche Sachen. Aber immer mal wieder entdecke ich lustige, absurde oder verstörende Begriffe oder ganze Sätze in den Suchanfragen und vor einiger Zeit habe ich dann angefangem die zu dokumentieren. Alleine hab ich ja nichts davon und weil ich hier ja immer nur herummeckere (und das sogar in der Vorweihnachtszeit!!!!!), dachte ich, zur Abwechslung teile ich mal etwas Erheiterndes mit euch. Hier also mein Best Of der Suchbegriffe, mit denen Menschen auf meinen Blog gekommen sind:

  • ich will mich für peta ausziehen
  • was ist so interessant an sex mit tieren?
  • holländische schnittführung steak
  • frauen sind sexobjekte und bleiben es
  • frauen bezeichnen männer als willenlose tiere
  • honig breast
  • gute laune ohne pille
  • du bist mir wichtig, jonathan
  • ich will das mädchen aus dem fernsehen! oh fuck
  • opa hans brot
  • geile frauen auf blogspot.de
  • sexuelle praktiken katholisch
  • mutti beim frauenarzt erotik
  • menstruation mit weißem kleid
  • oreo kekse schwarzer stuhlgang
  • kim wonderland blowjob
  • sex video skandal eistee
  • vanillepuuding sperma im gesicht

Ich habe übrigens nichts davon weiter recherchiert, also habe ich keine Ahnung, was sich dahinter verbirgt. Und irgendwie scheinen viele Leute mit totalem Schmuddelkram auf meinen Blog zu kommen, was ich mir gaaaaaaaaar nicht erklären kann. Ich hoffe, die haben was besseres gefunden, als sie gesucht haben.

Montag, 3. Dezember 2012

Über die vegane Weltrettungskackscheiße


Als ich vegan wurde, habe ich mich mit Händen und Füßen gegen dieses Übermensch-Argument gewehrt. Dass alle veganen Menschen sich für etwas Besseres halten. Weil sie die Lebensweise gefunden haben, die den wenigsten Schaden anrichtet, Tiere als lebenswerte Lebewesen respektiert, absolut umweltschonend ist und sie "den Leuten in Afrika" nicht das Getreide wegnehmen. Zum Glück ist mir diese Einstellung persönlich eher selten begegnet. Die veganen Menschen, die ich bis jetzt kennenlernte und die meisten, die zur – ich nenns jetzt mal – Blogging Community gehören, sind da etwas bescheidener. In letzter Zeit sind mir dann aber Leute "begegnet"... da weiß ich, was gemeint ist, wenn unvegane Menschen genervt von vegan lebenden Menschen sind.

Irgendwie scheint sich die Einstellung breit zu machen, dass es alle Probleme der Welt lösen würde, wenn alle Menschen vegan leben würden. Ich werf jetzt mal was total und absolut Oberkrasses in den Raum: Das ist Bullshit! Was mich wütend macht, ist diese Einstellung, diese Überzeugung davon, total kritisch zu sein und dann nicht mal etwas weiter denken zu können als "an die armen Tiere". Hier mal ein paar "Argumente" und Herangehensweisen, die ich unter Veganer_innen sehr problematisch finde.


Hauptsache vegan, ansonsten ist alles egal!

Als der Linksunten-Artikel über Kim Wonderland online ging, hat es beschissene Reaktionen und "Argumente" aus allen möglichen Perspektiven gegeben. Was mich richtig abgefuckt hat, waren all die "Hauptsache vegan, der Rest ist doch egal!" - Kommentare. Oder auch "Seid wann ist es verboten, mit Nazis befreundet zu sein, sind doch auch nur Menschen?!" Oder weiter "Das ist doch ihre Privatsache, das geht uns gar nichts an!" Ich meine, hackts?! Geht's noch unkritischer? Noch ätzender? Noch rechtsoffener? Komplett unabhängig davon, ob was dran ist oder nicht, was geht denn in den Köpfen von Leuten vor, die so eine Scheiße von sich geben? Natürlich ist es NICHT okay! Mit Menschen, die einer menschenverachtenden Ideologie angehören, ist man "nicht einfach nur so" befreundet. Es ist auch nicht alles egal, so lange man vegan lebt. Veganismus ist ein winzigkleiner Teil vom Großen Ganzen. Wie kann Veganismus irgendwas erreichen, wenn mit Nazis abgehangen wird? Dadurch wird die Welt nicht besser. Sie wird dadurch schlechter.

Wie können Menschen sagen, dass sie "sogar auch" an die Tiere denken, nicht nur wie viele Menchen, die nur an Menschen denken, weil sie vielleicht sie anfaschistisch oder was auch immer sind. Ganz ehrlich, in der veganen "Szene" gibt es ziemlich wenig Leute, die sich neben Veganismus auch noch mit anderen Dingen beschäftigen. Es muss natürlich nicht jede_r alles wissen/machen/lesen, aber man kann ja wohl erwarten, dass man sich dann zumindets zurückhält, wenn man sich (noch) nicht mit dem entsprechenden Thema auseinandergesetzt hat. Wir sagen alle, wir sind gegen Diskriminierung jeglicher Art, aber wenn ein rassistischer/sexistischer/homophober Witz gemacht wird, heißt es ganz schnell "das ist aber nicht so gemeint" oder "ich finde ja nicht, dass das diskriminierend ist." Meine Reaktion darauf ist ungefähr die selbe, als wenn sich irgendein Heini als Alleswisser_in aufspielt und darüber referiert wie sehr er_sie Tiere liebhat, während er_sie in sein_ihr Steak beißt. Es ist ein Widerspruch. 

Unsere Gesellschaft ist von diskriminierenden Strukturen durchzogen. Diese zu verstehen, ist nicht immer leicht und manchmal will man sie auch nicht wahrhaben. Frag doch mal das Tier, das gegessen wird – Frag doch mal den Menschen, der diskriminiert wird. Klingelt da was? Wir sollte nicht so tun, als gäbe es sonst keine Probleme auf der Welt. Und vor allem sollten wir aus den Fehlern derjenigen lernen, die reden, ohne Ahnung vom Thema zu haben. Immerhin wissen doch die meisten wie das ist und es nervt uns alle ungemein.


Ich bin viel veganer als du und du machst XYZ, das ist voll unvegan!

Ich beobachte, dass Veganer_innen quasi unter Selbstgeißelung Veggie-Monopoly spielen und jede_r so schnell und direkt wie möglich ins Ziel kommen möchte. Da gibt es teilweise Wettstreits sondergleichen und wer auf der Strecke bleibt, der_die war nur nicht stark genug. Vegan sein bedeutet per Definition alle Produkte abzulehnen, für die Tiere leiden mussten. Menschen sind auch nur Tiere, also müssten alle Veganer_innen auch komplett Fair Trade leben. Und am besten auch regional, saisonal und bio. Weil dadurch dem Planeten und somit auch Menschen und anderen Tieren am wenigsten angetan wird. Aber mal ehrlich – bis wohin geht das Spiel? Kann da überhaupt jemand gewinnen? Im veganen Monopoly wurde ich mit Sicherheit schon sehr oft zurück auf Start geschickt, wenn ich nicht schon längst im Gefängnis gelandet bin. Bin ich dafür selbst verantwortlich? Ja, zum Teil. Zum Teil aber auch nicht. 

Ich weiß nicht, wie häufig schon der Satz "Wir leben alle in einer unveganen Welt" heruntergebetet wurde. Aber er stimmt. Veganismus ist kein allheilbringendes Lebensprizip, welches ich konsequent und ohne Rücksicht auf Verluste verfolge. Es ist auch nicht möglich. Wie häufg wurde schon ausdiskutiert, was man dann alles nicht mehr machen dürfte. Straßenbahnfahren, Autofahren, ins Kino gehen, keine Ausnahme für die Oma vom Freund machen, wenn die sich Mühe mit einer Alternative gemacht hat, aber trotzdem etwas Butter zu den Kartoffeln gegeben hat, die Handcreme der Freundin nicht benutzen, obwohl die Haut rissig und trocken ist und so weiter. 
Hinzukommt, dass Fair Trade Klamotten verdammt noch mal beschissen teuer sind.  Unabhäging davon, dass sie gerechtfertigterweise teuer sind und einen realistischen "fairen" Preis haben, ist einfach zu sagen "Kauf halt einen statt zwei" blanker Hohn in den Ohren derjeniger, die kaum Kohle haben um zu überleben. Es ist auch blanker Hohn in de Ohren derjenigen, die sich nicht nur am superveganen Maß messen (wollen), sondern sich auch an anderen Erwartungen und Maßen messen, wie zum Beispiel Schönheitsidealen.
Second Hand, Kleiderkreisel und ebay, das ist alles toll und sinnvoll, aber auch das kostet zeitliche Ressourcen, die nicht allen Menschen gleichermaßen zur Verfügung stehen. Mal ganz abgesehen davon, dass ich in meiner Superkorrektheit vielleicht Menschen günstige Kleidung wegschnappe, die sie wirklich benötigen. Das ist ein Gedanke, der mir zutiefst widerstrebt.
Das alles als "die strengen sich nur nicht genug an" darzustellen, ignoriert tatsächliche Verhältnisse und Lebensrealitäten und führt dazu, dass Veganismus nur der kleinen, arroganten Bildungselite offen steht, die sich anmaßt, über alles und jede_n zu urteilen.


Vegan leben, weil woanders Menschen an Hunger sterben

Was mich fast am meisten ankotzt ist diese ewige Analogie, man würde "Menschen in Afrika" das Getreide wegnehmen und wenn wir alle vegan werden würden, dann müsste niemand mehr hungern. Schon klar, es gibt die Fälle, in denen Ländern Getreide abgekauft wurde, obwohl Dürren bevorstanden. Aber es ist nicht ganz so einfach. Viele haben sicherlich den Film "We feed the World" gesehen. Dort sagt Jean Ziegler (selbst Vegetarier, so weit ich weiß aus humanistischen Gründen, übrigens hat er sehr lesenwerte Bücher über Armut und Hunger geschrieben) etwas entscheidendes: "Der World Food Report besagt, dass die Weltlandwirtschaft, so wie sie heute ist, ohne Probleme 12 Milliarden Menschen ernähren könnte."(klick) Zur Zeit leben laut Wikipedia etwa 7,01 Miliarden Menschen auf der Erde. (klick) Wir haben kein Mengenproblem. Wir haben ein Verteilungsproblem. Es werden Staaten, Menschen ausgebeutet. Es gibt genug Essen für jeden Menschen auf dieser Welt. Sogar für viel mehr Menschen auf der Welt. Das ist eines der Erben der Kolonialgeschichte. Mit Bildern wie "wir müssen den Armen helfen" werden wieder rassistische Strukturen reproduziert. "Wir" müssten eigentlich überhaupt nicht helfen. Wir müssten mit der Ausbeutung aufhören, Reparationen zahlen und Verantwortung übernehmen. 

Natürlich, die Landwirtschaft ist am Arsch. Regenwälder werden zerstört, meist für Tierfutter, aufgekauftes Getreide ist meist Tierfutter, Mais in den Staaten ist meist Tierfutter. Die Meere sind bald leer gefischt, der Planet ist voller Müll, die Böden voller Gifte. Um genug Lebensmittel und andereüberlebensnotwendige aber aucn unwichtige Dinge für 12 Milliarden Menschen zu erwirtschaften musste bereits einiges massiv zerstört werden. Nichts desto trotz. Wenn alle Menschen in Europa, den Staaten und so weiter vegan werden würden, wäre imperiale und kolonialgeschichtlich verankerte Ausbeutung nicht zu Ende. Kolonial- und Kapitalismuskritik sind entscheidende Ansätze, um diese Strukturen zu erklären. Beides ist auch durchaus miteinander verwoben und besonders im Zusammenhang mit dem veganen Welthungrrettungsargument ein eigens Posting wert. Heute bleibe ich aber mal bei einfachen Sätzen: Reichtum braucht Armut. Wer reich sein will, muss andere unten halten. Stichworte wären zum Beispiel: Regierungen, (Groß)Konzerne, Lobbys. Ihre Werkzeuge sind unter anderem Institutionen wie die Weltbank oder der Internationale Währungsfond. Die Güter aus armen Ländern sollen wettbewerbsfähig auf den Weltmarkt geworfen werden, IWF und Weltbank verteilen dazu ganz großmütig und absolut selbstlos Kredite zu horrenden und repressiven (finanziellen) Bedingungen. Länder wie Brasilien, welches einst den höchsten, jemals gewährten Kredit bekommen hat, zahlen sich dumm und dämlich, nur um die Zinsen solcher Kredite zu tilgen. Da bleibt wenig bis nichts mehr übrig für den Ausbau der Infrastruktur, Bildung für alle, Investitionen in einen Sozialstaat oder Reformen für die Landwirtschaft. Diese Kredite dienen hauptsächlich dazu, die Vormachtstellung eh schon reicher Länder beizubehalten und führen eh schon arme Länder in die ewige Abhängigkeit.


Ganz kurz, falls es eine vergessen hat: Wer vegan lebt wird dünn, gesund und schön!

Diese Attribute da oben scheinen ja irgendwie synonym benutzt zu werden, was mich schon sehr ärgert. Im Fatshaming-Artikel habe ich ja bereits auf die Vielfalt menschlicher Körper hingewiesen. Außerdem bitte ich euch alle, schaut euch doch mal um. Die Veganer_innen, die ich kenne, sehen genau so aus, wie die unveganen Menschen, die ich kenne. Es gibt dicke und dünne, große und kleine, blasse und gebräunte, welche mit Cellulite und ohne, mit Pinkeln und ohne, mit seidenglänzendem Haar und mit trockener Strubbelmähne, gesunde und kranke. Das könnte ich eeeeewig so weiterführen. Und alles davon ist okay! Die vegane Community ist unterliegt denselben Schönheitsidealen, wie der Rest der Gesellschaft. Sich davon zu befreien, das wäre mir echt viel wert.


Weg von der individualistischen Perspektive, hin zu mehr allgemeiner und emanzipatorischer Herrschaftskritik!

Zu Beginn habe ich es mir wirklich sehr schwer gemacht. Ich dachte, Veganismus sei ein Boykott, und ich könne so die Nachfrage regulieren (natürlich nicht alleine, sondern in der Masse). Heute muss ich ein bisschen darüber schmunzeln. Es ist viel größer. Die Nachfrage alleine regelt nicht das Angebot und Veganismus alleine rettet nicht die Welt. Menschen beuten Natur, Tiere und andere Menschen aus. Das hat System und sehr tiefe historische Wurzeln, die sämtliche globalen und wirtschaftlichen Beziehungen durchflechten. Diese Wurzeln lassen sich nicht durch eine andere, nettere Konsumform ausreißen. Damit kann man man nicht mal die Schäden beheben, die dadurch der Oberfläche entstehen.

Ich habe versucht in allem korrekt zu sein. Mehr Fair Trade kaufen, nur bio Gemüse und so weiter. Gerade ändern sich etwas meine (finanziellen) Lebensumstände und mit Blick in meine Zukunft muss ich sagen, diese Einstellung ist sehr arrogant. Wer kann das denn bitteschön? Wenn ich von allen Menschen erwarte möglichst nah an die 100 % Perfektion zu kommen, machen wir uns allen nur selbst das Leben schwer. Und wir erreichen gar nichts. Wir erreichen auch nicht die Menschen, die von den Strukturen so vernachlässigt und unterdrückt sind, dass sie weder zeitliche noch finanzielle Ressourcen haben, um in diesem Spiel die Turmstraße kaufen zu können, gechweige denn die Schlossallee.

Ich will eine politische Bewegung. Eine, die zwar selbstkritisch ist, aber versteht, dass nicht Einzelpersonen die Gestalt der Welt mit Konsumentscheidungen verändern  können. Es ist toll, wenn Menschen Verantwortung übernehmen, in ihrem Leben für irgendwas einstehen oder zurücktreten. Und ich wünsche mir auch, dass das alle Menschen tun würden, die es können. Das löst aber diese Probleme nicht. Es ist eine beschissene Unverschämtheit und eine verdammte Ungerechtigkeit, dass es solche ausbeuterischen Strukturen gibt. Dass wir in Verhältnissen leben, die es so schwer macht, gute Entscheidungen zu treffen. Ich will, dass diese Entscheidungen für alle Menschen zugänglich gemacht werden, nein, ich will, dass ich mich überhaupt gar nicht erst zwischen "gut" und "schlecht" entscheiden muss. Dieser unkritische, selbstreferenzielle Wohlfühlveganismus ist so ein Lifestyle für Superpriviligierte, die  sich gegenseitig für ihre kleinen ökologischen Fußabdrücke auf die Schulter klopfen. Da hab ich keinen Bock drauf und da mach ich auch nicht mit.


EDIT am 12.12.2012: Ich möchte euch zum Weiterlesen diesen Blogeintrag von zapperlott ans Herz legen. Auszug: 
  Was übrig bleibt ist die rein private Suche nach dem moralisch korrektem Konsum, um das Gewissen zu beruhigen. Bereits das ist eine folgenreiche Verblendung, die in der Konsequenz zu der besagten »veganen Weltrettungskackscheiße« führt.

Montag, 19. November 2012

Happy Bloodyversary, Pd. 1

Wintersemester 2011, Einführungsveranstaltung Sozialethnologie. Thema: Die Rolle von Geschlecht für die Ordnung der Gesellschaft. Beispiel Menstruation. Der Dozent erzählt von der Gesellschaft A im Land Y. Menstruation speilt bei den As eine entscheidende Rolle bezüglich des Wohnortes der Frauen und der Arbeitsaufteilung innerhalb der Gemeinde. Menstruierende Frauen gelten als unrein und schmutzig und müssen vom Rest des Dorfes getrennt werden. Hierzu wurden eigene Häuser erbaut, in der die Frauen an "den Tagen" leben. Kontakt zu Außenstehenden ist untersagt, gearbeitet werden darf auch nicht, Körperkontakt ist ebenfalls verboten. Für alles andere gelten ebenfalls spezielle Reinigungsregeln. Durch den Raum geht ein Kichern. Man ist irritiert und empört. Das ist ja total krass! Ganz schön rückständig is man in Y. Sehr frauenfeindlich, das kann man doch nicht machen.


Ja, ganz Recht. Das hier ist eine Menstruationsgeschichte.


Siebte Klasse. "Herr FGH, ich habe echt Bauchschmerzen und so, ich habe meine Periode...." "Oh! Äh jajajajaja, also mhhh... Jaaaaaaaaa. Frauenprobleme... Dann brauchst du auch nicht am Unterricht teilnehmen, denke ich. Oder? Also wenn es dir wirklich nicht so gut geht, dann geh ruhig nach Hause." (So haben wir sie immer gekriegt.)
Montags war Schulschwimmtag. Wer am Montag nicht in der Schule war, oder vorzeitig nach Hause ging, stand unter Periodengeneralverdacht! Einmal ist eine unbeliebte Schülerin früher heimgegangen. Eine von uns hat angeblich einen roten Fleck auf ihrem Stuhl gesehen. Ha! Erwischt!

Irgendwann mit 15. Die Familie sitzt im Wohnzimmer. Freund ist auch da. Es läuft irgendwas im TV. Irgendwas wird von irgendeiner Werbung unterbrochen. Ein Spot für Tampons. Eine schöne, schlanke, blonde Frau sitzt in einem weißen Kleid fröhlich auf einem Pferd, schlägt lächelnd im weißen Kleid die Rückhand in einem Tennisspiel, geht im weißen Einteiler ins Freiband und steigt abends im weißen Negligée zu ihrem (?) Mann ins Bett. Zwischendurch tropft irgendwer blaue Flüssigkeit auf ein Tampon und schließt die Hand darum zusammen. Halleluja, saugstark und undurchlässig! So merkt niemand was! Inzwischenzeit diskutieren die anwesenden Männer humoristisch über die Notwendigkeit eines Geräts, mit dem man unliebsame Werbung blocken könnte. Sowas will man doch nicht sehen!!!! Immer diese Tampons, Binden, Slipeinlagen im TV. Periode, bah!

Irgendwann mit 17. Freund erzählt vom Typen aus seiner Berufsschulklasse. Der hat mit seiner Freundin auch Sex, wenn sie ihre Tage hat. Dass er es geil findet, sagt er nicht. Aber es stört ihn nicht. "Hinterher sieht das Laken dann aus wie ein Schlachtfeld. Da musst du das bett eben neu neziehen und das wars." erzählt er trocken. Da ist das Gschrei aber groß. Da wird sich das Gesicht verzogen, "Nein, nein, nein" gerufen, die Hände vor die Augen gehalten. "Erzähl doch nicht sowas ekelhaftes!"

Sommer 2012. WG-Party. Anwesende: mehrheitlich Medizinstudent_innen. Wir unterhalten uns auf dem Balkon zu dritt über unseren Umgang mit Menstruationsbeschwerden. Teetrinken, Wärmflasche, Schmerzmittel, Homöopathie, Sex, Selbstbefriedigung & Schokolade. Wir sind auch ein bisschen wütend und genervt, dass wir uns überhaupt mit sowas auseinandersetzen müssen. Zwei Medizinstudenten kommen heraus, hören zu, schütteln den Kopf. "Also ich hab ja echt kein Problem damit, an Leichen herumzuschneiden. Ich meine, wenn der Darm platzt, oder der Magen, das ist schon manchmal echt eklig. Aber wenn meine Freundin ihre Tage hat, das finde ich so richtig widerlich! Echt jetzt mal, stimmt doch! So Blut aus der Muschi, voll abartig! Oder? Oder?!?!"

(Triggerwarnung für den folgenden Abschnitt: Beschreibung von diversen potentiell gewalltvollen Sexualpraktiken)

Meanwhile: Me, doing Porno-Recherche. Es ist eigentlich immer das selbe: Männer ficken, Frauen werden gefickt, lautes Stöhnen, Schubsen - Ziehen - Zerren - Drücken - Festhalten, auf den Arsch hauen, Beleidigen, Zooom-In in die Vagina, Schwanz rein und wieder raus und wier rein und wieder raus, Dreh dich um! Mach das Bein hoch!, Blowjob bis zum Würgereiz und Tränendrüsenreflex mit den Händen eines Typen am Hals, Löcher dehnen und füllen, bla bla bla. Und zum Schluss immer die gleiche Szene: Cumshot. Nach grandiosem Herumgebumse spritzt der Mann (oder die Männer) sein/ihr Sperma ins Gesicht der Frau(en). Und die freuen sich so sehr! Herrje, so viel weißer Glibber im Gesicht, das ist ja der Hammer! Da wird schon mal begeistert der Rest vom Boden aufgeleckt. Auf allen Vieren, der Rücken durchgedrückt, Popo in die Höhe. Oder aus dem Nasenloch der anderen Darstellerin geschlabbert. Manchmal gibts auch keinen Cumshot. Da kommen dann drei Typen hinterenander beim Analsex in den Hintern ihrer Kollegin. Die drückt dann alles schön raus, auf das Gesicht einer anderen Darstellerin. Begeistertes Klatschen, für jeden Tropfen Sperma, für jedes Zusammenziehen der Rosettenmuskulatur. Und auch die zweite Frau freut sich richtig, findets geil und verzehrt sich nach dem Arschsperma. Wenn alles raus ist, lecken sie sich noch gegenseitig das Gesicht hab. Und das Stöhnen nicht vergessen!


Um Kommentaren vorzubeugen, ich sei nur eine untervögelte, frustrierte, spaßbefreite Feministin: Ich sage nicht, dass ich das alle grundsätzlich schlecht und erniedrigend finde. Ich finde, alle sollen tun, woran sie Spaß haben und womit sie sich wohlfühlen. Das gilt für alle Beteiligten. Das kann das potentiell alles und auch gar nichts sein. Niemand muss alles geil oder alles scheiße finden. Es gibt zu viele Tabus, die uns guten Sex versauen. Die Abwertung des weiblichen Körpers während dieser blutet, ist eines dieser Tabus. Da wird nicht hinterfragt, da wird nur kategorisch ausgeschlossen.
Das hier ist eine Gegenüberstellung von Bewertung und Stellung männlicher* und weiblicher* Körperflüssigkeiten. Es darf gerne hintefragt werden, warum wer woran Spaß oder eben keinen Spaß hat. Wer sagt, was normal, was geil und was eklig ist? Diese Zuschreibungen können sehr machtvoll sein, dazu führen, seinen eigenen Körper abzulehnen, ihn zu hassen und sich vor ihm zu ekeln.


Klar kenne ich Menschen, die nicht so sehr auf Sperma abfahren, wie die Damen im oben beschriebenen Beispiel es (dem Anschein nach) tun. (Ehrlich gesagt sind das die meisten.) Viele wollen das nicht so gerne im Mund oder im Gesicht haben. Immerhn ist das ja auch eine ziemlich klebrige Glibbermasse, das reicht in der Regel nicht aus, um mich in freudige Ekstase zu versetzen. Auch wenn der Umstand als solcher - höchste Erreung meines Partners - das durchaus zu tun vermag.

Natürlich wird Sperma nicht von allen abgefeiert, aber immerhin unterliegt es keinem Stigma. Spermaflecken sind vielleicht etwas unreif aber lustig und quasi salonfähig. Hollywoodfilme z.B. strotzen nur so vor Spermawitzen. In "Verrückt nach Mary" schmiert sich Cameron Diaz Sperma in die Haare, weil sie denkt, es sei Haargel. Der Typ, von dem sie es hat, hat sich vorher einen runtergeholt und es sich ungeschickterweise ans Ohr gespritzt. Das ist ok. Das ist lustig. Sperma ist halt da. Das kommt halt raus. Aber wehe, du gehst mit einem roten Fleck in der Sporthose zum Turnunterricht. Wehe, du sprichst an, dass du gerade blutest! Eine Doppelmoral, die bis zum Himmel stinkt.

Was ich allerdings nicht kenne, sind Menschen, die, wenn das Gespräch auf Sperma kommt, erschrocken aufschreien und/oder angewidert das Gesicht verziehen. Ich kenne auch keine TV- oder Printwerbung für Mittel, die den Spermageschmack oder die -optik verbessern. Oder Werbung, die Männern einredet, diskret sein zu müssen, um ihnen so extra gute Spermawegwischtücher zu verkaufen. Die jedes Jahr noch diskreter, saugstärker und gründlicher werden. (Nicht, dass ich das wünschenswert finde. Ich möchte nicht mehr Scham, sondern weniger.)

Ekelhaft, peinlich und schmutzig - das sind so Wörter, die fallen nicht nur bei den As in Y. Die fallen auch hier. Jeden Tag. Seit ich denken kann. Sogar schon viel länger. Auch wenn die Männer meistens am lautesten schreien, Frauen haben das ebenfalls verinnerlicht. Fiese Gemeinheiten wachsen sich vielleicht mit dem Alter raus. Aber die Scham bleibt da. Das Gefühl, selbst dreckig zu sein. Die Sorge "ertappt" zu werden. Aus dieser Sorge heraus nicht zum Sport zu gehen. Sich in der Schule lieber nen Saugpfropf aus steinhartem Toilettenpapier zu basteln, weil es zu unangenehm ist, die Freundin zu fragen, ob sie ein Tampon hat, auf guten Sex verzichten, weil es doch ganz klar ist, dass man während der Periode gar keinen Sex haben kann, nicht offen zu sprechen, weil man keine Lust auf PMS-Witze im Büro hat, aus Scham keine Fragen zu stellen, obwohl man sich unsicher wegen etwas ist, etwas lustiges, was mit der Menstruation zu tun hat nicht zu erzählen, weil man nicht in geschockte Gesichter blicken möchte, in der Drogerie einen Vorrat an Zahnpasta, Seife und Duschgel kaufen, weil nur die Binden allein auf dem Band dir direkt "Blutet!!!" auf die Stirn tätowieren. Den Körper hassen, ihn abstoßend finden. Das ist alles noch da. Und wir schreiben das Jahr 2012.

Das war Periode 1. Periode 2 ist schon fertig geschrieben und folgt nächste Woche.


(Disclaimer: Ja, ich habe hier fast nur Negativbeispiele aufgeführt. Es gibt natürlich auch Positivbeispiele. Diese reichen aber immer noch nicht aus, um menstruierende Menschen von ihrere Scham zu befreien. Die Scham und die Vorstellung der "Unreinheit" sind immer noch tief in unserer Gesellschaft verankert.)

Mittwoch, 3. Oktober 2012

Tipps & Tricks beim Selbermachen: Kräuteröle & Lavendelsirup

Ich stehe gerade unter dem (außerordentlich gutem) Einfluss einer ganz speziellen Freundin. Diese Freundin macht gerne alles selbst. Ich habe irgendwann wieder damit aufgehört um mich vom Fertigessen-Wahnsinn beglücken lassen. Aber seit Kurzem hat sie mit den Spaß am Selbermachen wiedergebracht und jetzt bin ich im absoluten Fieber und stelle am laufenden Band Kräuteröle und verschiedene Sirupsorten mit Lavendel her. Ich bin da ja keine große Expertin, aber ich dachte mir, unter meinen LeserInnen gibt es bestimmt noch ein paar mehr, die da auch eher wenig Ahnung haben. Also habe ich mir überlegt mall ein kleines 101 zusammenzustellen.

Zutaten:

  • Lasst die normalen Supermärkte hinter euch! Schaut euch in eurer Stadt zum Beispiel auf Märkten, nach türkischen Supermärkten oder Gemüseständen um. Dort gibt es frische Kräuter wie Rosmarin und Thymian oft viel günstiger und ohne Plastikverpackung.
  • Auch (Oliven)öl gibt es in Asiashops oder türkischen Lebenmittelläden günstiger und vor allem auch in größere Mengen, z.B in 1 oder 1,5 l Kanistern. Wenn ihr mehrere Öle aufsetzt, braucht ihr dann nur einen oder zwei kaufen. So spart ihr Geld und Verpackung.
  • Ber der Internetrecherche wurden mir zuerst nur Apotheken genannt, als ich nach Lavendel gesucht habe. Da sollten 100g aber 28,90€ (!!!) kosten und die mussten erst bestellt werden. Als ich meine liebe Twitter Timeline fragte, stellte sich schnell heraus, dass Teeläden die deutlich günstigere Alternative sind. Dort gibt es 100g für  4,90€. In Onlineshops sind die Preise sogar noch niedriger, allerdings bezahlt ihr dort natürlich Porto und müsst etwas mehr Geduld haben. (Dragonspice, DaWanda)
  • Wenn ihr frische Kräuter kauft, solltet ihr diese unbedingt vorher ein paar Tage trocknen lassen. Das hat verschiedene Gründe: 1. Bei frischen Kräutern wird das Öl schnell trüb 2. Frische Kräuter können schimmelig werden, sobald sie nicht mehr vom Öl abgedeckt sind 3. getrocknete Kräuter geben ein viel stärkeres Aroma ab.


Equipment:

  • Ich habe ganz bewusst verschiedene Flaschen gekauft. Ich wollte testen, welche wofür am besten geignet sind. Kork hat sich als hübsch, aber nicht besonders dicht herausgestellt und ist logischerweise dann unsicher, wenn ihr die Flasche verschenken/transportieren wollt. Am liebsten mag ich die Flaschen mit Gummiflippverschluss bzw. Bügelverschluss. 
  • Unabhängig davon, was am besten funktioniert, habe ich schnell gemerkt, dass sich bei uns so allerllei Glasmüll ansammelt, den man nach dem Reinigen wiederverwenden könnte. Olivenölflaschen, Weißweinflaschen mit Drehverschluss, Fertigtomatensauce aus der Flasche, alte Landliebe Kuhmilchflaschen meiner Mitbewohnerin usw.
  • Wenn ihr keine alten Flaschen habt oder diese nicht benutzen wollt, könnt ihr natürlich auch neue kaufen. Für 1,50€ bis 2€ habe ich bei NanuNana Flaschen in zwei verschiedenen Größen mit Korkverschluss gesehen. Meine Lieblingsflaschen gibt es in einer ähnlichen Preiskategorie bei Xenos. (Wer die Niederlande in der Nähe hat: dort sind die noch mal günstiger.) Bestimmt gibt es auch in Kaufhäusern ähnliche Flaschen, aber die sind mit Sicherheit um einiges teurer.
  • Für den Sirup braucht ihr abgesehen von den Zutaten: einen Topf, ein Sieb und einen Trichter. Vielleicht auch eine Suppenkelle, wenn ihr wie ich mit nem Topf über nem kleinen Trichter nicht besonders gut zielen könnt.


Rezepte:
  • Für die Kräuteröle habe ich einfach in die Flaschen gehauen, worauf ich Lust hatte. Rosmarin, Thymian, Knoblauch (frisch), Pfefferkörner, Chili usw. Ihr könnt aber nehmen, was euch so einfällt. Estragon wäre bestimmt auch toll, genau so wie Basilikum, Fenchelsamen, Senfsamen, Zitronengras, Zitronenscheibe, Peperonici... Das alles dann einfach mit Olivenöl auffüllen. (Samen und Körner am besten vorher anstoßen.)
  • Neben den Kräuterölen habe ich auch noch ein Gewürzöl gemacht. Dazu habe ich Zimtstangen, Muskat, Anis, Nelken und Pfefferkörner mit Öl aufegfüllt. Ölivenöl eignet sich dafür eher nicht, leider kann ich mich nicht mehr genau erinnern, vermute aber, dass ich Sonnenblumenöl benutzt habe, würde im Nachhinein aber eher Rapsöl nehmen.
  • Für die Levendelsirupsorten habe ich mich an dieses Grundrezept gehalten. Aber ehrlich gesagt war mir da nur das Verhältnis von Zucker und Flüssigkeit wichtig. Als ich Zitronen kaufen wollte, sind mir die leckeren Orangen und Grapefruits aufgefallen. Und Minze eignet sich auch, genau so wie Trockenobst. Ideen: Lavendel-Orangen-Minz-, Cranberry oder Melone-Rosmarin-,  Ingwer-Holunder-Sirup... Oder Salbei-Zitronen-Pfeffer-Öl. Werdet kreativ und haut einfach in die Töpfe, worauf ihr Lust habt! 
  • Nie zu viele verschiedene Geschmackskomponenten verarbeiten. Ich habe mir drei Stück als Limit gesetzt. So bleiben alle Geschmacksrichtungen erhalten. (Ausnahme ist das Gewürzöl, da machts die Msichung. Genauso wie bei der Resteverwertung weiter unten)
  • Wichtig: Geduld! Die Öle sollten ca. drei Monate stehen. Ob kalt/hell/dunkel/warm, dazu kann ich noch nicht viel sagen und ich habe verschiedene Angaben dazu gefunden. Vielleicht ist mittel am besten ;) Der Sirup muss einen Tag durchziehen, bevor er abgefüllt wird, dann könnt ihr ihn aber sofort benutzen.
  • Pro-Tipp zum Sparen: als ich alle Sirupsorten abgefüllt habe, habe ich alle verwendeten Zutaten vom Einkochen aufgehoben. Also den ganzen Lavendel, Zitronen- & Orangenschalen etc. Das habe ich dann nochmal aufgekocht, zusammen mit allen möglichen Sachen, die ich noch in der Wohnung finden konnte. Salbei, Minze, Ingwer, Apfel.... Gesüßt habe ich nicht mit Zucker, sondern mit Agavendicksaft und Reissirup, weil es weg musste. Das lasse ich jetzt auch mindestens noch einen Tag lang ziehen. Ich hoffe, der Sud eigent sich später für Schorlen oder ähnliches. Auf jeden Fall solltet ihr nicht unterschätzen, wie intensiv Kräuter und Früchte sind, die geben oft mehr als ein mal Aroma ab. Wenn ihr also so viel wie möglich rausholen wollt, behaltet alle Zutaten aus dem ersten Vorgang und verwendet sie ein zweites Mal. (Ja, das verstößt auch gegen die 3-Geschmäcker-Regel, aber es ist ja auch ein Experiment ;) )

Einsatzbereiche:
  • Sirup: auf Sekt, im wasweißichfürnen Cocktail, auf Mineralwasser und Eis, im Gebäck, im Cupcakefrosting...
  • Kräuteröle: als Marinade, pur über Pasta, als Pesto-Grundlage...
  • Gewürzöl: Im Weihnachtsgebäck, im CousCous-Salat...
  • Als Geschenk. Deswegen habe ich direkt einen großen Vorrat gemacht, so habe ich auch zu spontanen Gelegenheiten etwas nettes und persönliches griffbereit.




















Wenn ihr noch mehr Tipps, Tricks & Ideen habt, immer her damit! :)

Dienstag, 25. September 2012

Eure Freiexemplare können mich mich mal.

Wäre ja auch zu schön, wenn ich mal nicht genervt wäre. In letzter Zeit ist mir mal wieder etwas aufgefallen, was mir gehörig auf meine 100Milliarden Eier geht. Werbeanfragen. Total nett und gut gemeint. "Wir schicken ihnen XYZ, dazu ein paar Fotos und die offizielle [wuhuhuuuuuu!] Pressemitteilung. Gerne können Sie das zu redaktionellen Zwecken auf Ihrem Blog verwenden." Wisst ihr was? Nö! Will ich nicht, geht mir weg damit.

Ja, ich schreibe manchmal über Sachen, die ich echt toll finde. Zum Beispiel über Schokolade von moofree. Die ist aber auch geil! Und die hab ich selbst gekauft und ich kann schreiben was/wie viel/ob ich will oder nicht. Wenn ich was richtig scheiße finde, sag ich das auch, oder auch nicht, je nachdem wie viel Lust ich gerade dazu habe.

Versteht mich nicht falsch - ich finde es toll, unsere noch kleine Community zu unterstützen, kleine Labels zu bewerben und so weiter. Die haben das verdient, der Markt ist hart. Aber dass mich bereits etablierte Firmen, die teilweise horrende Preise für Produkte verlangen, die sich kaum eine/einer von uns hier leisten könnte (und auch unabhängig davon einfach lächerlich hoch sind), oder Firmen, deren Produkte doch eh schon in jedem beknackten (sorry) Biomarkt zu kaufen sind, um Werbung bitten und die Frechheit haben, das nicht mal so zu nennen, sondern so tun, als täten sie mir damit einen Gefallen (!!!!!!!), das ist pervers.

Ein paar weitere Punkte habe ich in einer Antwortmail verfasst, die ich heute abschickte. Grund war die Anfrage eines Unternehmens auf kostenlose Werbung, die so fomuliert war, als sei das für mich ne wahnsinnig geile Angelegenheit.

Sehr geehrte Frau XXX,

vielleicht haben Sie sich ja meinen Blog angesehen, bevor Sie mir diese Mail schickten. Dann hätten Sie vermutlich bemerkt, dass ich Werbung nur sehr (!) spärlich einsetze. Vielleicht haben Sie den Blog aber auch nicht angeschaut, dann ist Ihnen das natürlich auch nicht aufgefallen. In beiden Fällen finde ich es doch sehr befremdlich, wenn Sie mich als potentielle Werbepartnerin anschreiben und bin sehr erstaunt über Ihre Marketingstrategie.

Mein Blog ist keine Werbeveranstaltung. Bloggen ist meine Freizeitbeschäftigung, dennoch ist es Arbeit. Ich könnte in der Zeit ganz viele andere produktive Sachen machen. Zum Beispiel Geld verdienen, meine Hausarbeiten zuende schreiben, die Wäsche waschen oder Häuser besetzen. Ich blogge, weil ich finde, dass ich etwas zu sagen habe und den Austausch mag - den gegenseitigen, nicht den einseitigen. Ich will keinen Fame und keine Fans, ich will auch kein Geld und keine Freiexemplare. Ich will meine Unabhängigkeit behalten. Und meine kritischen LeserInnen ebenfalls.

Sie können sicher sein, wenn ich ihr Produkt ganz superklassetoll finde, dann würde ich da schon selbst drüber schreiben. Und dazu brauche ich auch keine offiziellen Hochglanzfotos. Ich bin ja nicht ProSieben oder SpiegelOnline.  Ich bin eine bloggene Privatperson, politisch engagiert, ich schreibe, worauf ich Bock habe und mache Fotos mit meiner Handykamera.

Selbstverständlich sind Sie auf Werbung angewiesen. Aber dann fragen Sie doch zum Beispiel mal bei Magazinen in diesem speziellen Themensegment nach. Mir ist aufgefallen, dass Sie zum Beispiel nicht in der Kochen ohne Knochen werben. Das ist merkwürdig, denn das ist doch Ihre perfekte Zielgruppe. (Achja, hätten Sie meinen Blog gelesen, hätten Sie auch gesehen, dass ich für dieses Magazin schreibe.) Sicher - das kostet. Aber immerhin müssen die HerausgeberInnen dieses unterstützenswerten Magazins (und viele andere ebenfalls) auch davon leben, ganz genau wie Sie. Ich muss das nicht, ich schenke zum Geldverdienen Kölsch aus.

BloggerInnen vor den eigenen Zaun zu spannen, die Unsicherheit und vielleicht auch den Stolz von großen Firmen für wichtig genug gehalten zu werden auszunutzen, und so kostenfrei an (scheinbar) individualisierte Schmeichelwerbung zu kommen, das finde ich peinlich. Eine Anzeige aufzugeben, auf Messen, Straßenfesten und in den Medien präsent zu sein, das mag anstregend sein, ist aber ehrlich und für alle Beteiligten fair.

Ich bitte Sie also inständig in Zukunft von weiteren Anfragen dieser Art abzusehen. Zumindest was mich betrifft, für andere kann ich natürlich nicht sprechen.

Mit freundlichen Grüßen
Daniela Große

PS: Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass ich diese Mail in anoymer Form auf meinem Blog veröffentlichen werde.


Ich bitte euch, lasst euch nicht von großen Unternehmen instrumentalisieren. Wählt aus, worüber ihr schreibt, wen ihr bewerbt. Was habt ihr, eure LeserInnen und das Unternehmen wirklich davon, wenn ihr einen Müsliriegel, einen Joghurt oder whatever bewerbt, den doch eh schon alle kennen? Schaut, wer hinter der Anfrage steckt, eine etablierte Marke oder ein frisch gestartetes Unternehmen? Ein paar engagierte Leute mit guter Idee? Dann gerne, die dürfen mir auch schreiben. Das befindet sich auf Augenhöhe. Alle anderen: Lasst es lieber, ihr macht euch nur unbeliebt.

#MMwird5: juhuhu! - - - wtf?!

Dieser Text wird eine Reflektion über den vergangenen Samstag, an dem ich u.A. zusammen mit der Faserpiratin nach Berlin gefahren bin, um mit der Mädchenmannschaft und vielen anderen ihr fünfjähriges Bestehen zu feiern. Im Vorfeld haben wir uns alle sehr darauf gefreut und alles zusammengenommen war es ein tolles Wochenende, jedoch bin ich selbst immer noch etwas angeschlagen. Im allerletzten Podium des Tages ist es zu einem massiven Rassismusfail gekommen, der sich schon während der Diskussion abzeichnete. Viel mehr als der Fail ist der Umgang des MM-Teams darauf Grund für meine Angeschlagenheit. (Wie Faserpiratin schon sagte: ich möchte den Vorfall hier selbst weder beschreiben, noch kommentieren. Das war indiskutabel, der "Inhalt" irrelevant und ich möchte das nicht reproduzieren. Wer mehr darüber lesen will: unten habe ich Texte dazu verlinkt.) Fakt ist: Mehrere PoC haben den Raum verlassen. Zu Recht.

Aber eins nach dem anderen. Ich habe versucht, Fragen, Unsicherheiten und Probleme zu sammeln und werde das einfach mal zusammenhangslos runterrasseln:


  • Erster Irritationsmoment schon nach dem Blick ins Programmheft: Wieso finden vor der Begrüßung schon Workshops statt? (Dadurch war zB der Zine-Workshop mit Franziska einfach mal eine Stunde früher beendet, weil natürlich alle die Begrüßung mitbekommen wollten und das fand ich sehr schade.)
  • Die Begrüßung war nett und schön, aber was fehlte:
  1. kritische Anmerkungen zur Diskussionskultur und dem Umgang miteinander. Nur im Programmheft wird aufgerufen, bei *istischer Kackscheiße Krawall zu machen. 
  2. Wieso wurde das nicht noch mal betont? Oder geklärt, WAS genau nicht okay ist und WIE man Krawall machen/eingreifen soll?
  3. Wieso gab es keine abgesprochenen Kommunikationsstrategien um bei *istischer Kackscheiße zu intervenieren? (Rote Karten, Trillerpfeifen, Kackscheiße-Schilder, Handbewegung...) So lässt sich in/mit der Gruppe Kackschieße stoppen.
  4. Wieso wurden keine Konsequenzen für evtl. Verantwortliche genannt? (Raum/Lokalität verlassen)
  5. Wieso wurde keine konkrete Anlaufstelle für Betroffene geschaffen? (Das MM-Team hatte alle Hände voll zu tun, ein kleines Awareness-Team pro Raum wäre toll gewesen.)
  6. Kurze Vorstellung des Programms, Zusammenfassung der Anwesenden Organisationen
  • Ich hatte den Eindruck, dass die MM sich vorher nicht/kaum abgesprochen hatte, was im Fall von Kackscheiße zu tun sei. Als die Scheiße dann tatsächlich da war, waren die beiden (?) Anwesenden der MM unsicher, wie sie mit der Situation umgehen sollten, haben zu lange gewartet, durch den Abbruch die Sache im Raum stehen lassen und so alles andere als Solidarität mit Betroffenen gezeigt.
  • Ja, ich muss mir auch selbst an die Nase packen. Wie die meisten anderen im Raum habe ich die Augen verdreht, halblaut geflucht und während des Fails stand ich ungläubig mit der Hand vorm Mund und aufgerissenen Augen im Raum und bin zu spät laut und deutlich geworden. Da war eine PoC schon gegangen, eine weitere war gerade dabei das zu tun. ABER: Ich gehöre nicht zu den VeranstalterInnen, die mMn, mehr noch als jede Privatperson verantwortlich dafür sind, sichere Räume zu schaffen und zur Not auch vom Hausrecht Gebrauch machen können.
  • PoC haben den Raum verlassen, wieso musste das nicht die Person tun, die Rassismus reproduziert hat? Die Person hatte offensichtlich wenig Ahnung von rassistischen Strukturen, trotzdem war ihr klar, dass ihre Frage vermutlich "irgendwie nicht so okay" sein wird. (Durch ihr Nuscheln und Rechtfertigen bevor sie die Frage stellte, mutmaße ich das jetzt mal.)
  • Der SW war ein akutes Thema, welches Raum und kritische Untersuchung verdient hat. Der Rahmen war jedoch sehr fragwürdig - eine Vertreterin, die erst seit ein paar Wochen dabei ist? Die Diskussion verlief sehr schnell genau so unfruchtbar, wie sie es schon online und vor dem SW war - ein Statement pro Seite hätten ausgereicht, danach hat sich eh alles im Kreis gedreht und die SW-Vertreterin, sowie zwei Beteiligte im Publikum machten schnell deutlich, dass sie die Kritik daran nicht hör(t)en wollen. ("Ihr redet ja nicht mit uns", "eure Kritik ist nicht konstruktiv" - bla bla, das stimmt alles nicht und was war auch allen Anwesenden klar.) 
  • Wieso dem Raum geben, wieso PoC damit belasten? Ohne SW-Vertreterin hätte vermutlich viel kontruktiver über das Thema diskutiert werden können. (Mögliche Alternativnamen, Alternativkonzepte, Weiterentwicklung vom Original oder dem, was daraus gemacht wurde, Ausschlüsse analysieren und vorbeugende Maßnahmen finden...) So glich die Aktion eher einer Talkrunde bei "hart aber fair" - mit vergleichbar niedrigem Niveau.
  • Die beiden anderen Vertreterinnen, die für hollaback und bühnenwatch da waren, haben tolle Projekte, deren Vorstellung durch die Diskussion um den SW viel zu kurz kamen.
  • Wieso ist Rassismus das schwierigste Thema von allen? Es gibt FLT-Räume und Sexismus, Cis- & Hetersosexismus wären mit ziemlicher Sicherheit sehr schnell sanktioniert worden. Warum dürfen Leute aber über einen längeren Zeitraum latent rassistische Sachen von sich geben, so lange, bis es komplett knallt?
  • Wieso überschnitten sich zwei der nur drei FLT*-Veranstaltungen?
  • Die MM ist ein Online-Projekt. Viele BesucherInnen twittern und/oder bloggen, eine Anregung für Namens- oder Avatarbilder für alle, die Lust darauf hätten, wäre toll gewesen. Immerhin gab es genügend Bastelworkshops und sogar eine Buttonmaschine.
  • Der Vorraum oben war leider nicht ideal. Das ist aber für mich das kleinste Problem, da ich mir sehr gut vorstellen kann, wie schwierig es ist, eine Lokalität zu finden, die den Ansprüchen an Größe, Lage, Barrierefreiheit etc. entspricht.
  • Nach allem, was ich mitbekommen habe kann die MM nix dafür und es gab genug Stress mit den Leuten vom Haus, aber das (vegane) Essen war übertrieben lieblos.
Natürlich haben mir auch Sachen gefallen:
  • Der Zine-Workshop mit Franziska war toll! Ich habe mich vorgestellt mit dem Satz, dass ich total unkreativ und unbegabt sei und bin jetzt doch sehr zufrieden mit meinem technisch eher unbedarften und nicht fertiggestellten Whitedudessatire-Zine! Außerdem hat sie eine angenehme Atmosphäre geschaffen und eine tolle Balance gefunden zwischen "Du darfst alles machen, was du willst" und entsprechenden Tipps, was man denn so alles machen kann. Ich hab Lust jetzt weiterzumachen!
  • Ich habe Leute kennen gelernt! Über Twitter haben wir uns lose mit verschiedenen Menschen verabredet und ich hatte mir vorgenommen alle, die ich irgendwie (er)kenne anzusprechen. Das hat mal mehr, mal weniger gut geklappt und darf gerne vertieft werden, aber immerhin bei einigen war es ein Anfang!
  • Der hollaback at home - Workshop war interressant und lehrreich. gleichzeitg ernüchternd und ermutigend.
  • Die Musikerinnen haben mir gut gefallen und ich hab sogar eine CD gekauft, die auf der Rückfahrt lief und ich bin ganz verliebt in die Texte.
  • Ich habe den spontanen Programmierworkshop zwar nicht besucht, abes ich finds toll, dass der stattfinden konnte!
  • Bemühungen für Barrierefreiheit und Kinderbetruung waren nach dem, was ich mitbekommen habe gelungen. Dass es überhaupt veganes Essen gab, finde ich toll und zumindest der Kuchen war echt lecker.
  • Noah Sow hat ihren Auftritt als Hauptact abgesagt und mit anderen PoC ein Panel geformt um sich noch mal zu äußern. Das finde ich krass, ich hätte es erwartet und ihr auch nicht im geringsten übel genommen, wäre sie einfach gegangen. Schön, dass so am Abend wenigstens PoC das letzte Wort hatten. (Aber das ist wirklich nur ein sehr kleiner Trost.)

Was bleibt: Ich habe immer noch nicht alles ganz sacken lassen, obwohl wir schon viel diskutiert haben. Bin immer noch nicht ganz fertig, veröffentliche jedoch, obwohl mir bestimmt noch viel einfällt. Gelernt habe ich auf alle Fälle einiges. Ich ärgere mich immer noch über mich selbst, merke wie dringend notwendig ich einen Interventionsworkshop brauche, wie wichtig es ist, keine Angst mehr vor "all eyes on me" zu haben, Den Mund auf zu machen, wenn ich das Bedürfnis habe, mich in mein Schneckenhaus zu verziehen, auf Unsicherheiten zu scheißen und mich solidarisch hinter (!) die Leute zu stellen, denen der Raum genommen wird. Viel wichtiger: mit dafür zu sorgen, dass ihnen der Raum nicht mehr genommen wird. Ich mache das jetzt schon, wenn ich Betroffene und/oder Reproduzierende kenne, weil ich das Privileg habe, mich zumindest dann sicher fühlen zu können. Aber ich muss mich das auch trauen, wenn das Setting neu und ungewohnt für mich ist und ich die Beteiligten nicht kenne. 
Es bleibt das Wissen darüber, dass dies mal wieder nur die Spitze des Eisbergs war, dass der gesamtgesellschaftliche strukturelle und alltägliche Rassismus für mich unvorstellbare Außmaße haben muss und der Schock darüber, dass dieses Wissen auch in emanzipatorischen Räumen nicht selbstverständlich ist. Es macht sich in mir eine Ohnmacht breit, die ich selbst beseitigen muss, sie macht Menschen unfähig zu handeln und das nährt rassistische Strukturen jeden Tag und überall.

Es haben die falschen Menschen den Raum verlassen. Dass es so weit kommt, ist eigentlich schon ein Statement, mindestens aber eine Bestandsaufnahme, die alle Weißen sehr selbstkritisch stimmen sollte. 
Die Anstrengung ist nicht sichtbar, sagte Noah Sow am selben Abend noch und sie hat Recht. Check your privileges and do some Critical Whiteness. Und verlasst dazu auch mal die Theorie, den Schreibtisch und die Filterbubble. Because you can.


Weitere Texte:
accalmie - you walk alone (hier auf Deutsch) (ich betone: ausgesprochen !!! lesenswert)
Kotzendes Einhorn - die Mädchemannschaft wird 5 Jahre alt


Anmerkungen:
- SW meint "Slutwalk" - eine internationaleBewegung gegen Vergewaltigungsmythen, der jedoch berechtigterweise schon viel Kritik entgegengebracht wurde.
- PoC meint People of Color, eine selbstgewählte Bezeichnung für Menschen, die nicht weiß sind, bzw. keine weißen Privilegien haben.

Freitag, 14. September 2012

KoK #9

Mal so für Zwischendurch: die neue Kochen ohne Knochen ist da, yaaaaaay! Beim letzen Mal hab ichs vergessen, für diese Ausgabe wollte ich mal wieder ein hübsches gif vorbereiten ;)
Ich komme gerade vom Abos packen und das heißt, nächste Woche liegt die neue Ausgabe entweder schon in eurem Briefkasten, oder zumindest im nächstgelegenen und gut sortiertem Bahnhosfkiosk.


















Themen in dieser Ausgabe sind unter Anderem Sea Shepherd/Paul Watson, mit dem wir im Juni ein Interview führten, vegane Ernährung während der Schwangerschaft, Vegansimus und Magersucht (dazu habe ich u.A. die Anna interviewt) und außerdem gibt es natürlich wieder Rezepte, Buchbesprechungen und andere feine Sachen.
Diese Ausgabe liegt mir sehr am Herzen, besonders das Watson-Interview war aufregend, zeitintensiv und auch haarsträubend. Wenn Menschen so heldenhaft vereehrt werden, bin ich ja immer etwas kritisch, auch wenn ich Sea Shepherd als Organisation schon sehr schätze. (Erste Skepsis und Verwirrung hatte ich hier schon mal gepostet) Die ein oder andere Vermutung hat sich im Interview bestätig und ich bin froh, dass wir nun manche Dinge schwarz auf weiß haben, denen er vorher gerne mal ausgewichen ist, einfach weil die Meinungen dazu auseinander gehen. Interessant und lesenswert ist es allemal, auch wenn ich ihm in weiten Teilen nicht zustimmen kann, oder vielmehr seine Meinung für mehr als bedenklich und nicht teilbar halte. Die Gerichtsverfahren, bzw. den Haftbefehl von Interpol halte ich nach wie vor für eine politische Show, um sich eines unliebsamen Gegners zu entledigen. 
Mein Herzblut floss allerding in den Artikel, in dem ich mich mit Schönheiteidealen und dem Gesundheitswahnsinn innerhalb der veganen Szene auseinandergesetzt habe, mit dem Schwerpunkt auf Magersucht. In diesem Blog habe ich mich ja schon mal darüber aufgeregt, wie sehr mir das Fatshaming in weiten Teilen der veganen Szene auf die Nerven geht. In diesem Artikel wollte ich darauf aufmerksam machen, wie gefährlich diese Doppelmoral und die falschen Bilder sind.
Der Rest des Heftes ist natürlich auch nicht verachtenswert und stellt mal wieder viele tolle und interessante Menschen samt ihrer Projekte vor!


Für diesen Blog hier schweben mir gerade mehrere Themen im Kopf herum, mal sehen, was ich daraus mache. Ansonsten habe ich gerade (leider) alle Hände voll zu tun und bitte mein unregelmäßiges Schreiben zu entschuldigen :)


Guten Hunger & riot, don't diet!



Donnerstag, 23. August 2012

(Nicht so ganz) Vegan in Girona (und Umgebung)

Letzte Woche war ich fünf Tage mit zwei Freundinnen in der Gegend um Girona im Kurzurlaub. Eigentlich wollte ich nur Essensbilder posten, aber ehrlich gesagt war das (optisch) sehr unspektakulär. Außerdem hab ich an zwei Tagen auch mal unvegane Kleinigkeiten gegessen und an einem Tag gar nichts, außer morgens ein Baguette und nen Pfirsich. Das passt jetzt nicht sooo gut dazu, dass ich sagen wollte, dass es in Spanien, bzw. in Cataluña, eigentlich nicht so schwierig ist, sich vegan zu ernähren, wie mir vorher alle gesagt hatten. 

Was stimmt: Man muss sich vorbereiten! Happycow und Vegman sind treue Hilfmittel (Smartphone olé!), Essen vorbereiten und immer etwas mitnehmen sind fast ein Muss, sich vorher informieren, welche regionalen Gerichte vegan, oder leicht veganisierbar sind, erspart ewiges "¿Sin leche? Sin queso? Sin carne?", frisches Obst und Gemüse gibt es an jeder Ecke, genau so wie Pan con Tomate zum Standard-Restauantangebot gehört, nur vertrage ich nicht den ganzen Tag über Rohes (abends schon gar nicht) und so lecker Pan con Tomate auch ist (und ich habe es zu jeder Tageszeit gegessen!), irgendwann ist mal gut mit weißem Brot, Olivenöl und Tomate. Was man eigentlich immer Essen kann: Gazpacho, Tortas de Aceite (ist aber andalusisch und deswegen an der Costa Brava nicht gerade verbreitet), Salate (Käse/Fleisch/Fisch ließen sich immer abbestellen), verschiedene Tapas wie Patatas bravas (ohne Sauce!), frittierte Artischocken usw. Auch in kleinen Supermärkten habe ich Soja/Reis/Mandelmilch entdeckt, Bioläden sind mir eher selten begegnet. Dafür um so mehr Falafelläden. Und es gibt fast überall frischen O-Saft! Hin und wieder lässt sich auch mal Sorbet in den Eisdielen finden. Gerne gegessen von mir wurden auch die verschiedensten gerösteten Nüsse und wir haben sogar (zufällig) vegane Zimtkekese im Supermarkt entdeckt. 
Aaaaaaber: Bei uns hat leider nicht alles so super geklappt, da unser lieber Freund und Gastgeber es etwas zu gut meinte, uns viel zu viel auf einmal zeigen wollte und so irgendwie unsere eigenen Pläne torpediert hat. Alles, was er uns gezeigt hat, war auch wunderschön, aber nicht unbedingt kompatibel für unvorbereitete Veggies. ("Nee, wir fahren nicht mehr nach Hause, mein Freund spielt in Bisbal in ner Tapasbar ein Konzert" - der Tag, an dem ich nix gegessen habe.) So standen wir dann mehrmals in irgendwelchen Minidörfen oder krass touristischen Städten, in denen es nicht mal vegetarische Pizzen oder Tapas gab. Eine der beiden anderen ist übrigens Vegetarierin und die andere isst auch eher sehr selten Fleisch, gestresst hat uns das fast alle gleichermaßen.

Das Tolle ist: Die meisten Gerichte bestehen aus total einfachen Zutaten und klingen unspannend, sind aber deswegen so herausragend lecker, weil die einzelnen Zutaten einfach großartig sind! In einem Omni-Restaurant haben wir zum Beispiel Salate von der normalen Karte bestelllt, die ausschließlich aus Salat, Bohnen oder Kartoffeln, gebackenen Tomaten und Kräuteröl bestanden und unglaublich gut geschmeckt haben. Ich habe echt selten leckerere und fruchtigere Tomaten gegessen, das macht wahnsinnig viel aus!

In Barcelona ist veganes Essen übrigens kaum ein Problem. Da habe ich auch ohne zu suchen etwas zu Essen gefunden (sogar Eis!). Lediglich das Gopal haben wir gezielt angesteuert und das würde ich auch sofort weiterempfehlen. Hier gibt es klassische spanische Gerichte, aber auch Kuchen und Patties, Tofu etc. zum Mitnehmen. Veganes Eis gabs beim Stickhouse (Fruchteis oder Sojaeis, mit veganer Schokolade und Nüssen überzogen), Smoothies an jeder Ecke und viele andere vegetarisch/vegane Restaurants sind in der ganzen Stadt verteilt. 
Was mir auf der Rambla aufgefallen ist: Vor drei Jahren, als ich das letzte mal dort war, wurden in Straßenständen auf sehr unangenehme, quälerische Art und Weise verschiedenen Tiere verkauft (Küken, Hühner, Schildkröten...). Das war mir damals schon unheimlich. Dieses Jahr haben wir uns erst gefreut, weil wir keine gesehen haben. Das war aber leider etwas zu früh, ganz zum Schluss haben wir dann noch einen Stand entdeckt, der Küken, Schildkröten und Fische en masse, gequetscht in ungeschützen und fast auf dem Boden stehenden Käfigen verkauft hat. Verboten scheint es also nicht (ganz?) zu sein, ich werde das aber mal recherchieren.

In Girona selbt gibt es neben vegetarischen Läden übrigens auch zwei rein vegane Restaurants, Bionèctar und B12. Zwei total bescheuerte Namen, finde ich. Und auch ansonsten waren lange nicht so schön und gemütlich, wie die vielen anderen Cafés und Restaurants in Girona. Leider waren wir in keinem von beiden - an den ersten Tagen konnten wir nicht, weil wie oben beschrieben unser Plan sabotiert wurde und als wir dann vorbeigegangen sind, hatten tatsächlich beide ab genau diesem Tag Betriebsferien.

Insgesamt war es wunderschön, deswegen teile ich einfach mal auch essensunabhängige Fotos mit euch. (Werden beim Anklicken größer, Quali ist der der Wahnsinn, weil die alle mit meinem iPhone aufgenommen wurden.) 
Ich bin gespannt, was eure Erfahrungen im Urlaub und speziell in Spanien sind!

PS: Kennt jemand von euch eine gute vegane Sonnencreme? Ich hatte die von Alverde. Die war furchtbar, ließ sich nicht verteilen und bildete nur eine dicke, weiße Schicht auf meiner Haut.







































Mittwoch, 4. Juli 2012

Egopost: Jammern, Zweifeln, Tiefstapeln

Gerade Gestern hatte ich auf Twitter eine Unterhaltung mit Melanie und der Faserpiratin. Ausgangspunkt war meine leicht depressive Stimmung, nachdem ich nach potentiellen Praktika etc. gesucht hatte. Fast überall wurde ein recht hoher Grad an "Erfahrung" vorausgesetzt. Ein Grad, von dem ich nicht denke, dass ich ihn habe. Ich habe neben Schule oder Studium fast immer nur gejobbt, nie berufsrelevante praktische Erfahrungen gesammelt: Zeitungen austragen, Nachhilfe geben, Kellnerjob A, Kellnerjob B, Kellnerjob C, Langeweilejob beim WDR.
Melanie hat es ganz gut hinbekommen, mich sowohl aufzumuntern, als auch mir nen Arschtritt zu verpassen. Ich merke nämlich immer wieder, dass ich extrem tief stapele. Ehrlich gesagt glaube ich, dass ich meistens Angst habe, irgendwas nicht besonders gut oder gar nicht hinzubekommen und gehe dann von Vorneherein in eine defensive Haltung. Mein Vater hat in einer zum Glück bereits vergangenen Zeit mal gesagt "Warum soll ich denn optimistisch sein? So kann ich ja nur enttäuscht werden. Wenn ich pessimistisch bin, bin ich auf der sicheren Seite." Ich hoffe, er denkt heute nicht mehr so. Ich habe ihm auch damals gesagt, wie unsinnig ich das finde. Hallo, merk ich noch was? Ich lebe ganz genau so.







Ich schiebe viele Sachen ewig vor mir her, weil ich Angst habe, dass ich scheitere, wenn ich mich intensiv damit auseinandersetze und erledige Dinge (Lernen! Referate!) im allerletzten Moment. Überraschung: Die Ergebnisse sind meist nur Durchschnitt. Aber ich kann ja hinterher sagen "Ach, ich hab mich ja auch nur ein paar Stunden vorher darauf vorbereitet." Fuck it. Wenn mir jemand Komplimente macht, wofür auch immer, ich glaube erst mal nicht, dass das ernst gemeint ist, dass das ja nur Glück war, oder die Person mich nicht einschätzen kann. Die sagen zwar das ist gut - aber eigentlich ist es das überhaupt nicht. Fuck it. Wenn ich meinen Computer oder mein Fahrrad reparieren lasse, tue ich so, als hätte ich gar keine Ahnung. Ich hab wirklich wenig Ahnung, aber ich verhalte mich so, als wüsste ich überhaupt gar nichts. Fuck it. Beim Kochen ohne Knochen Magazin habe  ich zuerst nur gesagt "Egal, ich mach einfach, was du sagst" und irgendwann fragte Joachim mich in Gesprächen immer wieder, ob ich nicht mal darüber, worüber ich gerade geredet habe, schreiben möchte. Ja, wieso komme ich da nicht selber drauf? Teilweise bin ich nicht auf die Idee gekommen, weil ich es mir nicht zugetraut habe und noch schlimmer: weil ich Angst davor hatte, dass er die Idee doof findet. Fuck it. Ich suche nach Praktika und denke "Nein, dazu bin ich nicht gut genug. Mich da zu bewerben ist mir peinlich." Fuck it. Ich bin permanent unsicher, wenn ich Menschen kennenlerne, einen neuen Job anfange, in der Uni sitze. Andere wissen mehr als ich, sehen besser aus als ich, sind lustiger als ich. Fuck it.

Wenn ich so überlege, wann das angefangen hat, dann bin ich nicht so sicher. Als Kind war ich sehr ruhig und schüchtern, aber nicht im Sinne von ängstlich, sondern eher einfach introvertiert und gern allein. Die Pubertät war natürlich sehr prägend, ich habe gelernt mich durchzusetzen und meine erste Freundschaft aufgebaut, die gleichberechtigt war und einen tollen Freund gefunden. (Wunderbarerweise sind die beiden immer noch meine beste Freundin und mein Freund <3) Mein Traumjob war Journalistin, in der Schule war ich gut, aber faul, was Lernen betraf, dafür engagiert, was soziale Themen betraf. Ich war regelmäßig Klassensprecherin, war bei Peers to Peers (so etwas wie eine Anlaufstelle für Schülerinnen von Schüllerinnen für diverse Themen, aber eigentlich haben wir nur für gute Zwecke Kuchen und Limonade verkauft.) und habe mich entsprechend für andere Mädchen eingesetzt.
Das hat sich mit meinem Schulwechsel readikal geändert. Manche sagen, dass liegt daran, dass ich von einer Mädchenschule auf eine "gemischte" Schule gewechselt habe, oder dass meine Eltern sich genau in der Zeit getrennt haben. Ich weiß es nicht so genau, aber ich denke, das waren beides für mich gar nicht so wichtige Faktoren. Ich dachte die ganze Zeit nur "Scheiße, ich bin jetzt auf nem Gymnasium, die sind alle viel schlauer als ich." Waren sie auch, aber das ist ja auch okay. Meine Konsequenz war dann, dass ich meine Klappe gehalten und mich nirgendwo engagiert habe, weil ich Angst hatte, mit meiner Unwissenheit aufzufallen. Und in der Uni hoffte (Vergangenheit!) ich immer, dass Dozent_innen sich weder mein Gesicht, noch meinen Namen merken würden.

Ich finde das furchtbar, aber  ich mache es eigentlich immer noch. Auch heute habe ich noch Wissenslüscken, die mir peinlich sind und wegen derer ich mich aus bestimmten Themen/Aktivitäten etc. heraushalte, weil ich nicht als dumm oder unwissend geoutet werden will, bzw., mich nicht selbst outen möchte.

Auf diesem Blog merkt man davon aus einem bestimmten Grund nichts: Er ist wie mein Wohnzimmer. Hier gelten meine Regeln, ich schreibe worauf ich Lust habe, bestimme die Themen und habe fast nur gute Erfahrungen mit Leser_innen und Kommentator_innen gemacht. In meinem Freundeskreis und in Räumen, die ich kenne und in denen ich mich häufig bewege, fühle ich mich sicher, diskutiere viel und gern, kann meine Meinung klar artikulieren. Verlasse ich diese Bereiche, verändert sich meine komplette Haltung.

Es fängt langsam an besser zu werden: Ich habe eine unangenehme, aber wichtige und gute Eutscheidung für mein Studium getroffen. Und vor zwei Jahren hätte ich niemals beim KoK angerufen und gefragt, ob ich da was machen kann. Es nervt mich, wenn Menschen sich beim dritten mal Vorstellen nicht an mich erinnern können, es freut mich dafür, wenn ein Dozent Links, die ich ihm gebe, in die Literaturliste setzt, mein Vater wegen der KoK-Artikeln stolz auf mich ist, dass überhaupt Artikel von mir in einer Zeitschrift stehen, Blogartikel von mir verlinkt werden, Leser_innen mir danken und mit mir auf einer Ebene diskutieren. Und ich fange an zu glauben, dass ich tatsächlich gerade herausfinde, was ich kann und was ich will. Ich blogge, es macht mir Spaß und ich bekomme positives Feedback, ich schreibe fürs KoK und bekomme positives Feedback. In mein Studium kommt eine neue Perspektive, die mir gutut. Meckerer, Nörgler, Trolle und Schlaumeier werden mir egaler. Mit mir selbst zufrieden bin ich noch lange nicht, was und wo ich arbeiten möchte, weiß ich auch noch nicht. Aber bei wem ist das schon so.

Und irgendwann muss ja auch mal gut sein. Ich meine, ich habe wenig Grund mich zu beklagen. Meine finanzielle Situation ist sicher, ich habe einen guten familiären Background und auch meine Freunde sind für mich da, hören zu, geben mir Kraft oder eben auch mal nen Arschtritt. Meine Rahmenbedingungen sind super, man könnte auch sagen priviligiert. Insofern ist die Jammerei tatsächlich eher peinlich. Warum auch immer ich so viele Zweifel und Unsicherheiten haben, ich muss lernen, dass ich mir damit nur im Weg herumstehe.

Mein Vater sagte auch immer zu mir: "Hab Mut zur Lücke."